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Ausgabe 53 TITELTHEMA

Im Gleichschritt?

Vielleicht fragt ihr euch, warum ihr euch für eine europäische Armee interessieren solltet? Oder warum ich diesen Artikel schreibe?

Es ist ganz einfach: Ich denke, dass dieses Thema mehr Aufmerksamkeit braucht und es euch auch alle betreffen könnte. Die EU ist, mag man sie nun oder nicht, ein Gemeinschaftsprojekt und sie wird noch Jahre bestehen. Sie macht Gesetze, die unser Leben bestimmen und sie wird als eine Regierung wahrgenommen werden. Falls es zu einer europäischen Armee kommt, wird das im Notfall unsere Soldaten sowie unsere Verteidigung betreffen. Wenn wir also für die Not gewappnet sein wollen, braucht es gute Organisation in Zeiten, in denen es den Staaten gut geht. Zudem wird die Welt immer vernetzter: Probleme kann man nicht mehr allein betrachten und in ihrem vollen Kontext werden sie oft nur größer, wobei das auch für die Verteidigung gilt. Was könnte Deutschland allein gegen die Mächte der Welt, etwas China oder Russland ausrichten, wenn es sich nur auf sich selbst verlässt? Die NATO ist dafür da, möchte man meinen, doch die letzten vier Jahre haben gezeigt, dass man sich nicht mehr auf allem Vertrauten ausruhen kann. So sehr neuste Ereignisse eine Rückkehr zum Normalen versprechen, zeigen sie uns doch, wie fragil die Bündnisse sind, die wir haben. Wir sollten daraus lernen und selbst Maßnahmen für den Fall treffen, dass etwas unternommen werden muss, sollte man sich nicht mehr auf bisherige Partner verlassen können. Nahe liegt also ein Bündnis mit festeren Strukturen als der NATO,  damit eine Lösung in der Not gefunden werden kann.

Wie ist der Stand ?

Deutschland hat die NATO und wir versuchen, auf europäischer Ebene zusammenzuarbeiten, wobei die Betonung auf „versuchen“ liegt. Derzeit gibt es keine große Diskussion über eine gemeinsame Armee und auch kaum einen Vorstoß  in diese Richtung. Gab es in der Vergangenheit in der EU einen solchen Vorstoß, scheiterte er oder bewegte nur wenig. Der letzte, die Idee eines gemeinsamen Außen- und Verteidigungsministeriums, hatte Erfolg, ist aber nur ein kleiner Schritt. Dies ist natürlich verständlich, wenn man bedenkt, was für ein großer Eingriff in die Souveränität der Staaten dies wäre und dass man dann für Schlechtes oder Gutes stark an die EU gebunden wäre. Ein Brexit wäre kaum noch möglich, einfach deshalb,  weil man für die Verteidigung auf die EU angewiesen wäre.

Zurzeit gibt es mehrere Verbände von europäischen Staaten, aber nur eine 1500 Mann starke Gruppe der EU selbst. Außerhalb dessen ist auch eine Zusammenarbeit schwierig. Es gibt gemeinsame Koordinationsprojekte und auch gemeinsame Institute, aber trotzdem haben viele der Staaten eigenes Material.  Dies ist ein zentraler Punkt, denn es würde Milliarden von Euro sparen, wenn das Equipment standardisiert würde. Die EU-Staaten leisten sich 17 verschiedene Arten von Panzern, während Russland nur acht und die USA sogar nur ein Modell haben. Es gibt eine Studie aus dem März 2015 vom CEPS (Centre for European Policy Studies), die besagt, dass eine fehlende gemeinsame Armee jährlich Kosten von 130 Milliarden fordert. Auch die Effizienz der EU-Staaten gesamt ist sehr niedrig. Sie hat ungefähr 150% der Truppenstärke der USA, jedoch 15% weniger Effizienz.

Wie könnte es sich entwickeln, wenn wir alle diese Fakten nun betrachten?

Das ist schwierig zu sagen, so wie es immer mit Zukunftsprognosen ist. Es gibt auf jeden Fall Vorstöße zu mehr Zusammenarbeit, gegen die sich nicht viele Leute aussprechen. Doch einer gemeinsamen Armee steht viel im Weg. Die USA sind nicht dafür, weil die europäische Abhängigkeit ihr gegenüber geschwächt würde. Manche europäischen Staatschefs, wie Angela Merkel und Emmanuel Macron, sind dafür, doch es sind auch viele Staaten in Europa dagegen, wie der fehlende Beitritt Dänemarks zum europäischen Außen- und Verteidigungsministerium zeigt. Man könnte damit beginnen, dass man sich in Gruppen von Staaten zusammenschließt, die dazu bereit sind und das Projekt langsam auf die gesamte EU ausweiten. Zurzeit gibt es jedoch kaum Initiativen für etwas Derartiges. Es sieht also derzeit noch nicht nach einer großen europäischen Armee aus, doch es gibt Versuche zur Zusammenarbeit.

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