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Ausgabe 52 TITELTHEMA

Arbeiten während einer Pandemie

Während der Hochphase der Pandemie standen die Supermarkt-Mitarbeiter mit an der vordersten Front. Sie waren im ständigen Kontakt mit ihren Kunden, und hielten dabei unser Land am Laufen. Jana berichtet:

Normaler Weise laufe ich vor meinem Schichtbeginn einmal durch den Laden, um vor allem einen Überblick über die Obst-und Gemüsesorten und über die Brötchen aus der Werbung zu bekommen. Dann drängle ich mich an ein paar Kunden vorbei, die völlig in Gedanken versunken, mitten im Gang stehen und darüber grübeln, welches Brot sie denn mitnehmen wollen.

Allerdings ist es zur Zeit nicht ganz so einfach, sich ,,einfach“ vorbei zu drängeln, weil  ich den Mindestabstand von 1,5 zu den Kunden einhalten muss, also versuche ich so gut es geht, einen weiten Bogen um andere Menschen zu machen und erreiche schließlich den Gemeinschaftsraum, wo ich  erst meine Tasche ablege und anschließend vom Marktleiter eine Kassenlade überreicht bekomme. Doch als ich vollgepackt aus den Raum komme, stehe ich fast unmittelbar vor einen Kunden, es haben zwei von den ursprünglich vier Kassen auf, an denen zwei meiner Kollegen sitzen, um die Menge an Leuten abzukassieren, die sonst ein einziger Kassierer schafft. Alles wegen des Mindestabstands.

Als ich meine erste Kundin abkassiere, muss ich mehrmals nachfragen, was sie gerade gesagt hat, weil ich aufgrund ihres Mundschutzes und des mit Kunststoff abgedeckten Holzgestell, in dem ich sitze. Egal, wie schnell ich kassiere, die Kundenschlange scheint immer länger zu werden. Schließlich dauert alles deutlich länger: ein Kunde bezahlt und ein anderer darf erst dann seine Ware aufs Band legen. Zudem ist das Tippen auf der Kasse auch deutlich zeitintensiver, weil ich mich mit den viel zu dicken Handschuhen ständig vertippe, sie regelmäßig wechseln und das Kartenlesegerät regelmäßig desinfizieren muss. Nebenbei schaue ich, ob auch alle Kunden einen Wagen mitgenommen haben und mit einer  Maske oder einem Tuch Nase und Mund bedeckt haben und möglichst freundlich hinter ihnen herrufen, wenn sie diese neuen Regelungen nicht einhalten.

Man muss also auf deutlich mehr achten, doch die Corona-Krise fordert nicht nur meine Multitaskingfähigkeit heraus, sie sorgt  auch dafür, dass ich unsicherer im Umgang mit den Kunden bin als sonst, weil ich nicht genau weiß, wie ich mich gegenüber ihnen verhalten soll. Oft muss ich mich zurückhalten, dem oder der Kundin nicht das Kleingeld direkt in die Hand zu geben. Zudem ist es nicht so einfach, der älteren Dame mit Gehwagen so zu helfen, dass ich ihr möglichst nicht zu nahe komme. Diese Einschränkung des Zwischenmenschlichen ist für mich wohl das Schlimmste an der gesamten Situation. Ich weiß, dass all diese Maßnahmen Vorsichtsmaßnahmen sind. Trotzdem möchte ich die Menschen nicht so behandeln als hätten sie ein ansteckende Krankheit, das kommt mir falsch vor. Doch das ist die momentane Realität, vor der wir nicht fliehen können.

Also versuche ich das Beste aus der Situation zu machen und den Kunden ein Lächeln zu schenken, um sie hoffentlich für einen kurzen Moment aufmuntern zu können.