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Ausgabe 52 SPORT

Das Risiko tragen die Sportler

Keine andere Marke im Sport steht so für „Höher, schneller, weiter“, wie Red Bull. Als der Österreicher Felix Baumgartner aus einer Kapsel in der Stratosphäre in 40km Höhe sprang, stand ein Markenname ganz groß auf der Kapsel: Red Bull. Doch die Risiken eines misslungenen Starts waren groß – und von Red Bull mit einkalkuliert.

Wenn man Egoismus liest, so denkt man oft an Egoismus im „kleinen Stil“, wie zum Beispiel in der Schule oder auch beim Sport. Doch findet man Egoismus auch im großen Stil? Ja. Sei es in der Politik, wo sich der Egoismus um den eigenen Machterhalt dreht, aber auch in der Wirtschaft. Denn auch hier geht es oft um das Wohl des Unternehmens zu Lasten von Verbrauchern oder Umwelt. Aber es lässt sich streiten, ob Egoismus oder auch Eigennutz negativ sind, denn sie sind Bestandteile der Wirtschafts- und Marktordnung in Deutschland, der freien Marktwirtschaft. Diese Ordnung benötigt aber eine gewisse Eigennützigkeit, denn ohne die kann es keinen Wettbewerb geben. Schwierig wird es jedoch, wenn dieser Eigennutz andere Menschen in Gefahr bringt, wie es zum Beispiel in bestimmten Fällen beim Marketing geschieht. Marketing gibt es nur durch den großen Konkurrenzkampf auf dem Markt.

Besonders auffällig ist hier Red Bull, denn Red Bull gibt für Marketing mehrere Milliarden Euro aus.  Dieses Geld wird hier besonders gerne für Extremsportarten ausgegeben, von denen Gründer Mateschitz ein großer Fan ist, um ihren Werbeslogan „Red Bull verleiht Flügel“ nur weiter zu untermauern. In den Werbevideos werden Stunts gezeigt, die nur so vor Energie sprühen, immer nach dem Motto „höher, schneller, weiter“.

Die Unternehmensgeschichte begann damit, dass Gründer Dietrich Mateschitz 1982 eine Reise nach Thailand antrat und dort seinen Jetlag überwinden wollte. In Fernost war schon seit dem Zweitem Weltkrieg bekannt, dass japanische Piloten taurinhaltige Getränke, heute würde man sie Energy-drinks nennen, zu sich nahmen, um ihre Leistung zu steigern. Mit der Hilfe eines Thailänders kopierte Mateschitz diese Art des Getränks, aber so, dass der Geschmack besser auf den europäischen Markt angepasst wurde. 1987 gingen die beiden mit Red Bull auf den Markt und überzeugten damals schon durch geschicktes Marketing. Zu Beginn gab es viele gesundheitliche Bedenken und sogar Verbote. So durfte das taurinhaltige Originalgetränk von Red Bull bis 2008 in Frankreich nicht verkauft werden.                         

Doch trotzdem war die Euphorie in ganz Europa groß und vor allem junge Leute waren überzeugt von dem Getränk, einerseits durch den Geschmack, aber auch durch das geschickte Marketing.

Denn selbst das Verbot oder die Warnungen gaben Red Bull das gewünschte Image eines Getränks für „Grenzgänger“, wie es auch in den zahlreichen Werbevideos gezeigt wird, wenn Extremsportler an die Grenzen dessen gehen, was möglich ist. 

Auffällig ist, dass die Red Bull GmbH gar keine eigenen Produktionsstandorte besitzt, stattdessen produziert die Firma „Rauch Fruchtsäfte“ exklusiv in Vorarlberg, Österreich, das Getränk und füllt es direkt vor Ort in die bekannten Dosen. Dass die Getränke direkt vor Ort in die Dosen abgefüllt werden, ist sehr klimafreundlich, womit die Red Bull GmbH auch öffentlich stark wirbt, also wieder starkes Marketing. Deshalb ist der Hauptsitz von Red Bull, in Fuschl am See, auch kein Produktionssitz, sondern eine große Marketingmaschine. Denn ca. ein Drittel des gesamten Umsatzes wird nur für das Marketing verwendet. Das ist mehr als für die Produktion ausgegeben wird.

So kommt es auch, dass viele Ereignisse, die weltbekannt sind, ohne Red Bull nie zustande gekommen wären: zum Beispiel der bekannte Stratosphären-Sprung von Felix Baumgartner. Baumgartner ist zwar nicht verunglückt, doch das Risiko, welches Red Bull in Kauf genommen hat, war sehr groß. Denn dieser Sprung hat große Aufmerksamkeit erreicht und wurde sogar im Fernsehen übertragen und das alles für Red Bull als Werbung. Dieses so genannte Content Marketing macht RedBull so einzigartig. Sie zwingen dem Kunden nicht ihre Werbung auf, sondern der Kunde schaut sich seine Interessen an und im Hintergrund ist immer Red Bull zusehen.

Um das Content Marketing perfekt zu nutzen, hat Red Bull viele unterschiedliche Sportler unter Vertrag und fördert verschiedene Events.

So ist für viele internationale Topathleten das Marketingprojekt von Red Bull eine einzigartige Chance. Es bringt ihnen zum einen Geld und Aufmerksamkeit, aber auch Anerkennung. Besonders werden schon frühe junge Talente gefördert, wie z.B. Luc Ackermann, 21 und Freestyle-Motorcrosser, der bereits seit dem Alter von 16 Jahren von Red Bull unterstützt wird.

Aber auch Niklas Kaul. Er gewann überraschend den Zehnkampf bei der Leichtathletik WM -2019 in Katar. Schaut man auf sein Instagram Profil, erkennt man sogar in seiner „Bio“, dass er RedBull-Athlet ist. Red Bull ist es also auch zu verdanken, dass wir zukünftig eine neue Medaillenhoffnung für Deutschland haben. Ein ähnliches Beispiel ist auch bei Konstanze Klosterhalfen, die in Doha Bronze gewann und ebenfalls von Red Bull gesponsert wird.

Zu den genannten Athleten kommen noch sehr viele einzelne hinzu und es werden stetig mehr. Außerdem gehören bzw. sponsert Red Bull noch zahlreiche andere Sportarten. So stehen zahlreiche Eishockeyvereine, wie München, Fußballvereine, u.a. Leipzig, aber auch das Red Bull Racing Team in der Formel 1 in enger Verbindung zur Red Bull GmbH.

Besonders von Fußball soll Mateschitz kein Fan sein, doch er erkannte früh, dass man durch das Sponsoring von Fußball eine sehr große Bühne erreichen kann, und man so unter den Zuschauern bewusst noch mehr neue Kunden gewinnen kann, weil sie zeitgleich Fans von den jeweiligen Vereinen sind, die Red Bull unterstützt.

Es gibt bei dem Marketing von Red Bull also große Unterschiede und unterschiedliche Ansätze. Zwar wird Athleten geholfen, die stark auf Geld angewiesen sind, da ihre Sportarten größtenteils noch nicht so von Kommerz und hohen Gewinnen geprägt sind, doch es gibt auch die anderen Beispiele. Zum Beispiel beim Fußball, wo es genügend andere Möglichkeiten gibt, Vereine zu unterstützen, ohne diese zu übernehmen.

Doch  immer wieder ist die große Marketingmaschine Red Bull ein Problem, denn es kam zu Todesfällen, wenn die Extremsportler im Red Bull-Anzug von Dächern gesprungen sind, einen steilen Hang auf Skiern hinunterfuhren oder bei einem Red Bull-Event mit dem Motorrad verunglückten, wie es bei einem 14 -jährigen Topathleten geschehen ist, der bei Red Bull unter Vertrag stand.

Keine Frage, diese Unglücke hätten auch ohne Red Bull passieren können, doch sind sie besonders durch deren Marketing passiert. Der Spiegel schrieb zu der Frage, was die richtige Formulierung sei: „Dass sie [die Athleten] für Red Bull starben“. Auch die ARD wollte mit Hilfe einer Dokumentation klären, ob man Red Bull eine Mitschuld vorwerfen könne, es blieb jedoch nur bei dem Versuch.

So lässt sich weiter streiten, ob das Marketing von Red Bull positive oder negative Wirkungen hat.

Doch besonders die Todesfälle haben einen bitteren Geschmack bei all dem Sponsoring, das doch eigentlich positiv sein soll. Denn Red Bull strebt immer weiter nach neuen Bestwerten im Verkauf und dadurch auch im Gewinn. Um diese zu erreichen, wandert Red Bull mit dem Marketing auf einem schmalen Grat.

Die Strategie des Konzerns ist also teilweise Egoismus, unser Hauptthema in diesem Kaktus, denn es wird mit dem Leben anderer gespielt, um Aufmerksamkeit zu bekommen und noch mehr Dosen zu verkaufen. Beim Marketing geht es zwar immer darum, noch mehr von seinen Produkten zu verkaufen, doch bei keiner Marke ist das Marketing so gefährlich wie bei Red Bull. 

So lässt sich das Getränk Red Bull also nicht nur wegen seiner gesundheitlichen Risiken hinterfragen, sondern auch wegen des riskanten Marketings. Denn es vermittelt die nur positive Wirkung von Red Bull und die Normalität von waghalsigen Aktionen.  

Doch trotzdem ist Red Bull für die jeweiligen Sportler und Zuschauer eine Bereicherung, die ohne Red Bull nicht existieren könnten.