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Ausgabe 54 TITELTHEMA

Ab wann ist etwas normal?

Was ist normal? Und ab wann ist es normal? Ist Rassismus normal? In dieser Ausgabe des Kaktus haben wir uns mit vielen Themen auseinandergesetzt und oft stand die Rezeption in der Gesellschaft im Fokus. Was z. B. ist der „normale“ Umgang mit Flüchtlingen, Müll und vielem anderen?

Normal. Das Wort stammt von dem lateinischen Wort normalis ab. Es hat zwei Bedeutungen, die erste ist, der Norm zu entsprechen. Normal zu sein bedeutet also, subjektiven gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und/oder medizinischen Vorstellungen zu entsprechen, wenn man die Definition ausschreibt.

Aber was sind diese gesellschaftlichen Vorstellungen? Wie klar und strikt sind sie? Viele Personen besitzen kein Haus, aber ist es automatisch dann auch „normal“, es zu besitzen oder nicht? Wo ziehen die Mehrheit ihre Linie und sieht etwas nicht mehr als “normal” an?

Das hängt stark mit der Kultur einer Gesellschaft zusammen und mit dem in ihr enthaltenen Menschenbild. Zum Beispiel ändert sich die vorherrschende Meinung in westlichen Demokratien derzeit dazu, dass Homosexualität als normal angesehen wird. Andererseits wurden noch bis vor wenigen Jahren offen homosexuellen Personen verfolgt, und auch heutzutage werden sie in vielen Teilen der Welt diskriminiert und nicht akzeptiert. Auch transgender Personen werden immer noch in vielen westlichen Demokratien diskriminiert und können in einigen nicht offen leben, ganz zu schweigen vom Rest der Welt.

Das Normale ist also immer von der jeweiligen Gesellschaft und Zeit abhängig und ändert sich auch.

Und deswegen will ich nun auf eine der alten Definitionen eingehen. “Normal” als Beschreibung des Geisteszustands. Wer nicht dem Standard der Gesellschaft, nicht der sozialen Erwartung entspricht, galt und gilt für manche immer noch als abnorm. So etwas ist klare Diskriminierung. “Normal” wurde in dieser Weise vor allem diskriminierend gegen LGBTQ+ und Personen mit Benachteiligungen genutzt.

Denn nicht “normal” in diesem Kontext impliziert komisch und eben nicht richtig zu sein, weil das “Normale” eben der Standard, die Norm, letztendlich das Akzeptierte ist.

Aus diesem Grund hat auch der Duden auf seiner Webseite zum Adjektiv “normal” geschrieben, dass diese Bedeutung des Wortes veraltet ist und nicht mehr verwendet wird.

“Normal” als Beschreibung ist also ein Wort, welches die sozialen Normen und Ansichten einer Zeit ausdrückt. Es hat aber aus genau diesem Grund auch einen belasteten Hintergrund. Wörter sind nämlich nicht einfach nur Beschreibungen der Welt, sondern Ausdruck der Gedanken und sollten aus diesem Grund mit Vorsicht und Reflexion benutzt werden, ansonsten können sie zu schrecklichen Konsequenzen führen.

Genau deshalb beschäftigt sich diese Kaktus-Ausgabe so sehr mit diesem Thema, damit wir die Probleme in unserem Umgang mit dem Außen reflektieren, denn das ermöglicht uns auch die Verbesserung dieses Umganges.

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