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Ausgabe 55 PANORAMA

Das 9€ Ticket und Ich

Eine der besten Sachen passierte 2022. Das 9-Euro-Ticket hat den Diskurs um den öffentlichen Personennahverkehr in Deutschland revolutioniert und vielen Leuten gezeigt, wenn der Staat handeln will, kann er dies auch. Doch man darf auch nicht ignorieren, dass nicht alles glatt lief.

In den Sommerferien 2022, im August, habe ich einen Urlaub mit dem Fahrrad unternommen. Mein Plan war es, mit dem Fahrrad nach Berlin in vier Tagen zu fahren. Einmal merkte ich auf der Strecke, dass ich mir zu viel vorgenommen hatte. Ein schnelles Suchen im Internet nach der passenden Bahnverbindung reichte, ich musste dann nur noch ein Fahrradticket für 6 Euro lösen und schon konnte ich in die mäßig volle Bahn einsteigen. Insgesamt war das eine ziemliche angenehme Erfahrung. Auch war es schön, während der Reise zu wissen, falls was passiert, irgendwie komme ich zum nächsten Ort.

Nach ein paar Tagen in Berlin plante ich dann wieder mit dem Nahverkehr zurück nach Varel zu kommen – mit dem 9-Euro-Ticket. Die Reise begann damit, dass ich mich in einen Zug quetschen musst, in dem jeder sich dicht an dicht drängen musste und manche Personen am Hauptbahnhof in Berlin nicht einmal einsteigen konnten. Der Zug fuhr dann bis nach Schwerin, aber mit Verspätung, sodass ich dort auf den nächsten Zug nach Hamburg eine Stunde warten musste. Hier war mir schon klar, das Ganze wird schwierig werden, denn alles war überfüllt. Die Rückreise an einem Sonntag machen zu wollen, war wohl nicht so durchdacht gewesen. Eine Stunde später war dann der Zug nach Hamburg da und der Andrang riesig. Ich kam gerade noch so rein, weil eine Schaffnerin das ganze Chaos vor allem mit den Kinderwagen von Familien irgendwie organisierte. Doch irgendwann war der Zug zum Platzen voll.

Und manche Personen waren nicht damit zufrieden. Nur als nach langer Diskussion die Schaffnerin mit der Polizei drohte, konnten wir endlich weiterfahren. Wir übersprangen sogar zwei Stationen, da wir verspätet waren und der Zug auch niemanden mehr aufnehmen konnte. Spätnachmittags war ich dann endlich in Hamburg. Doch durch die Verspätung habe ich wieder den Anschlusszug nach Bremen nicht bekommen. Und das wurde zum riesigen Problem. Denn alle weiteren Regionalbahnen nach Bremen und auch generell Verbindungen, mit denen man noch an dem Tag nach Varel hätte kommen können, vielen aus. Meine Idee, wie ich trotzdem nach Hause kommen konnte, war Fahrradfahren. Nach Hause. 167km. Nach zwei Stunden war klar, dass kann ich schaffen, aber nur, wenn ich die Nacht durchfahre, etwas, was ich gerne vermeiden wollte. Letztendlich bot dann mein Vater an, mich auf der Hälfte der Strecke mit dem Auto abzuholen.

Letztendlich war die Bahn einfach zu sehr ausgelastet. Es war halt ein Sommertag, mit vielen Bundesländern, die Sommerferien hatten, an einem Sonntag und zudem konnten sich endlich mal viele Leute eine kleine Reise leisten.

Abgesehen davon war für mich persönlich das Ticket großartig. Ich konnte endlich billig nach Oldenburg, in die nächstgrößere Stadt mit Freunden, um mal Tagestrips zu machen. Und das ist auch, was am Ende der wirkliche Erfolg des 9-Euro-Tickets war. Wie viel CO2 letztendlich gespart wurde, ist strittig. Aber unstrittig ist, dass das 9-Euro-Ticket Ermöglicher war für so viele Menschen, mal zu reisen. Viele öffentliche Persönlichkeiten mögen es vielleicht kaum glauben, aber nicht jede Person konnte es sich leisten, viel aus dem eigenen Ort herauszukommen. Das Ticket hatte hier einfach eine enorme Wirkung, indem es vor allem auch Tagestrips ermöglichte, da diese kaum was gekostet haben. Wenn dann noch ein paar Leute das Auto zuhause stehen lassen, umso besser. Darüber hinaus könnte man einen Großteil der Kritik, auch meiner, damit angehen, dass man einfach die Bahn ausbaut.

Letztendlich kann ich nur hoffen, dieses Ticket hat einen nachhaltigen Impuls gesetzt, nicht nur Bahnfahren günstiger für Pendler zu machen, sondern die Bahn mit Nachdruck auszubauen und weiterhin als Ermöglicherin tätig zu sein. Das 49-Euro-Ticket hat da kaum den Charme eines Tickets für neun Euro, es ist aber ein Anfang. Man kann nur hoffen, dass die Ampelparteien dies begreifen, vor allem die Partei, die sich Freiheit auf die Fahnen schreibt. Gerade diese könnte so viel mehr Freiheit schaffen, jedoch vor allem für die nicht so reichen Personen der Gesellschaft.

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